Tantra und tantrischer Sex - eine Einführung
- Simon Reuter
- 20. Nov. 2023
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Nov. 2023

„Tantra lehnt nichts ab, sondern transformiert alles“ OSHO.
Liebe/r Leser:in
In diesem Artikel möchte ich mich näher mit dem Begriff des Tantra beschäftigen. Um das Wort herum existieren viele Vorstellungen, Klischees und ich möchte es wagen, ein etwas differenziertes Verständis des tantrischen Weges darzulegen. Wie immer lade ich ein, es mit einem entspannten Bewusstsein zu lesen. Ich bin kein Dogmatiker und ich behaupte nicht, dass das hier der "Wahrheit" entspricht, ich erlebe die tantrische Perspektive aber als sehr wertvoll und für mein Leben täglich als bereichernd. Verzeihe mir bitte auch, wenn ich mich im folgenden auf die Begegnung zwischen Mann und Frau beziehe, als heterosexueller Mann kann ich so am authentischsten schreiben.
Ja es stimmt, Sexualität, genauer genommen sexuelle Energie spielt eine wichtige Rolle im Tantrismus. Diese Energie wird als die zentrale Lebensenergie gesehen.
Tantra ist der Weg, Sex zur Meditation zu machen.
Die sexuelle Begegnung ist das Portal zu unserem höheren Bewusstsein. Dieses höhere Bewusstsein ist Liebe.
In den Worten von Osho:„Liebe ist der Duft, die Ausstrahlung, sich selbst zu kennen, man selbst zu sein, Liebe ist überfließende Freude, es bleibt nichts übrig, außer sein Selbst mit anderen zu teilen, organische orgasmische Einheit mit allem, was ist. Liebe ist keine Beziehung, es ist ein Zustand des seins. Es hat nichts mit jemand anderem zu tun, jemand ist nicht verliebt, jemand ist Liebe. Und natürlich, wenn jemand Liebe ist, dann ist er verliebt, aber das ist das natürliche Ergebnis. Die Quelle ist reine Liebe.“
Der Tantrismus ist somit ein spiritueller Weg in die absolute Einheitserfahrung, der Weg in die Liebe. Im Tantra wird die menschliche Erfahrung als Wechselspiel aus Polaritäten betrachtet. Zwischen diesen Polaritäten herschen Anziehungsprozesse. Um dies zu veranschaulichen: Aus der tantrischen Perspektive ist der weibliche Brustbereich positiv geladen, der Intimbereich und die Yoni (das Sanskrit-Wort für Vagina, bedeutet so viel wie „heiliger Ort“) ist negativ geladen. Beim Mann ist der Intimbereich und sein Penis positiv geladen, der Brustbereich umgekehrt negativ geladen. Aus diesen Polaritäten entsteht eine natürliche Anziehung, ein elektromagnetisches Feld.
Oft ist dieses Feld jedoch durch negative Vorerfahrungen, Traumata und einen unbewussten Bezug zur eigenen sexuellen Energie gestört. Auf der niederen (Un)-Bewusstheitsebene dient Sex der Reproduktion, auf der höchsten Ebene öffnet sich in der sexuellen Vereinigung das Universum, Sex ist das Portal zum Mystischen. Sex ist der Weg, Balance in den Polaritäten und Frieden zwischen den Geschlechtern zu bewirken. Es ist ein Paradoxon, weil Sex umgekehrt auch die Ursache der schlimmsten Missstände auf dieser Welt ist.
Das weibliche Prinzip der Sexulität ist rezeptiv, sie empfängt den Penis. Wenn die Frau im Vertrauen ist, kann sie sich dieser männlichen, penetrierenden Kraft hingeben. Dies erfordert viel Vertrauen und Zeit. Da sich viele Frauen in der sexuellen Verbindung nicht sicher fühlen, sind Schmerzen und eine fehlende emotionale Verbindung die Folge. Ihr Herz öffnet sich nicht, das Portal zum höheren Bewusstsein ist blockiert, Anspannung und Blockaden sind die Folge. Umgekehrt erfährt der Mann so nicht die bedingungslose Liebe und Hingabe der Frau, die dieser erfahren kann, wenn sie sich in der sexuellen Vereinigung voll öffnet. Männer haben ein tiefes Bedürfnis danach, diese Liebe zu erfahren. Die weibliche Yoni ist das eigentliche Zuhause des Mannes, hier kann er Ruhe, Kraft und wahres Vertrauen erfahren.
Tantra zeigt den Weg auf, wie Sex durch Bewusstsein transformiert wird. Dies erfordert Zeit und Übung. Der Mann darf lernen, seinen Penis und die weibliche Yoni als heilige Orte zu begreifen. Durch Präsenz und Ruhe kann er lernen, in der Yoni in Frieden zu verweilen. Dies erfordert die Loslösung vom zielgetriebenen sexuellen Akt und eine Navigation hin zu einem liebevollen Prozess, in dem die Vereinigung in der Liebe im Mittelpunkt steht.
Es erfordert auch die Loslösung vom Orgasmus und der Ejakulation. Der Orgasmus, sowohl beim Mann wie bei der Frau, kann von selbst entstehen, wenn er nicht mehr angstrebt wird. Für den Mann gilt: Ejakulation und Orgasmus sind zwei unterschiedliche Dinge, in den Worten von OSHO:„Tantra bedeutet die Kapazität zur Erweiterung. Sex schrumpft dich, Tantra erweitert dich. Es ist die gleiche Energie, aber sie wechselt die Richtung, sie ist nicht mehr selbstbezogen. Im Tantra lässt sich der Orgasmus 24 Stunden am Tag leben, wenn deine energetische Essenz orgasmisch wird. Deine Begegnung ist nicht mehr mit einem Individuum, sondern mit dem Universum“.
Tantra unterstützt dich, ein energetisches, orgasmisches Wesen zu werden, in dem die sexuelle Energie frei fließen kann. Sie ist nun die Quelle von Antrieb, Lebensfreude und Kreativität. Wie würde unsere Welt aussehen, wenn die eigenen sexuellen Wunden geheilt sind, wieviele der Kriege dieser Welt haben auf der tieferen Ebene als zentrale Ursache, dass Menschen sich nicht geliebt fühlen und eine abgespaltenes Leben von ihrer sexuellen Energie führen? Auch wenn es an der Oberfläche scheinbar um etwas anderes geht, nur eine Überlegung meinerseits….
Es gibt diesen Spruch, dass die besten Dinge im Leben gratis sind. Was sind denn für dich die wertvollsten Dinge?, wenn ich für mich darüber nachdenke, kommen mir… Zeit, Liebe, Familie, Verbindung, Sexualität, Dankbarkeit, Mitgefühl, Hingabe, Vertrauen, Intelligenz, die Natur, alle fühlenden Wesen. Es ist alles schon da, der tantrische Weg zeigt dir, wie du da hinkommst und es wahrnimmst.
Aber es ist natürlich nicht so einfach, Kern der menschlichen Erfahrung ist das Festhalten am vergangenen in Form von emotionalen Konflikten und nicht-gelösten Traumata. Die Vergangenheit steht der liebevollen Präsenz im gegenwärtigen Moment im Weg. Wenn starke Emotionen aktiv sind, die immer auf Basis vergangener Erfahrungen erscheinen, lassen sich kaum Liebe und Stille erfahren. Der Umgang mit unangnehmen Emotionen ist somit eine der Hauptaufgaben im tantrischen Weg. Emotionen sind in der tantrischen Sprache zu unterscheiden von Gefühlen. Emotionen benötigen immer die Vergangenheit und die Zukunft, um zu bestehen, sie sind eng verknüpft mit mentalen Mustern.
Gefühle wie Liebe dahingegen enstehen im Hier-und-Jetzt,
„Liebe ist im Gegensatz zu Emotionen nie überwältigend, Liebe ist ein fundamentale Einsicht, Klarheit, Sensitivität, Bewusstheit. Aber diese Form der Liebe existiert kaum, weil nur wenige Menschen je zu dieser Essenz durchdringen“ (OSHO).
Bewusstsein transformiert Sex in Liebe, Emotionen blockieren diesen energetischen Fluss. Viele Menschen haben gelernt, emotionalen Sex zu haben, teils gar zu wollen. So wird immer der Zustand der hohen Stimulation gesucht, die im Körper (meist im Solar Plexus) gespeicherte emotionale Energie verhindert den Fluss der sexuellem Energie zwischen Genitalien und dem Herzraum. Ein gesunder Umgang mit den eigenen Emotionen ist somit eine Grundlage für tantrischen Sex.
Liebe ist eine zarte und fragile Pflanze, die in der Gegenwart starker Emotionen nicht wachsen kann. Und wir benötigen diese Liebe. Ohne einen generativen, spirituellen, sexuellen Ausdruck wird die Menschheit langsam am Liebesentzug sterben. Schau dir an, was gerade in der Welt geschieht, was sind die tieferen Ursachen?
Ich lade dich ein, deine Genitalien als einen spirituellen, heiligen Ort zu betrachten. Diese Worte mögen vielleicht etwas Widerstand in dir auslösen, aber ich ermuntere dich, dich dir der Kraft deiner sexuellen Energie bewusst zu werden. Du kannst Frieden schaffen durch deine sexuelle Energie, in dir, in deinen Beziehungen und um dich herum. Und betrachte , welche alten Wunden, welche emotionalen Konflikte noch den Fluss der Liebe in dir blockieren.
Welchen Druck kannst du in dir wahrnehmen, gibt es Versagensängste, Leistungsdruck oder das Gefühl, für die Erfahrung anderer verantwortlich zu sein?
Welche Erfahrungen in der Vergangenheit haben deine aktuelle, sexuelle Identität zentral geprägt?
Du bist ein erotisches, kraftvolles Wesen, mit einem individuellen sexuellen Ausdruck.
Viele unserer ungelösten, emotionalen Konflikte liegen in der Sexualität verborgen, sie führen zu überpositiven oder falsch-positiven Ladungen der inneren Polaritäten. Emotionale Spannungen werden oft durch Sex reduziert, daraus resultiert ein toxischer Kreislauf, in dem Sex mit Emotionalität ungünstig gekoppelt wird.
Oft ist auch Eifersucht die Folge. Eifersucht ist das Verlangen, eine andere Person zu besitzen und zu kontrollieren. Eifersucht hat die Wurzel im vergleichen. Vergleiche sind eine sinnlose Aktivität, weil jedes Individuum einzigartig und unvergleichlich ist. Die Frage ist nicht, wie man Eifersucht loswird, sondern wie man bedingungslose Liebe kultiviert.
Und dies ist am Ende immer eine innere Reise. Die spannendste Reise im Leben ist die Reise nach Innen, zu sich, zurück nach Hause.
Als tantrisch orientierter Psychologe unterstütze ich Individuen und Paare bei dieser Reise, zurück zur ursprünglichen Essenz der Liebe. Ich zeige Menschen einen Weg, wie sie zu ihrer reinen, unschuldigen Sexualität zurückfinden, durch Bewusstsein transfomieren und erwachsen werden lassen.
Dadurch transfomiert sich alles, man lebt plötzlich in einer anderen, neuen Welt. In der Liebe präsent zu sein ist das, was wir alle suchen. Ich erlaube mir, dies immer wieder zu schreiben und zu teilen. Weil ich es nicht für eine individuelle Meinung, sondern für eine tiefere Wahrheit halte (prüfe es gerne für dich).
Was bedeutet es für dich, zu 100 % in der Liebe präsent zu sein? Hattest du schonmal so einen Moment in deinem Leben? Wie verändert sich deine Welt, wenn du einen solchen Bewusstseinszustand kultiviert hast? Bist du neugierig, es zu erfahren?
Tantra kann dir einen Weg aufzeigen, wie du in deinem Körper die unwiderstehliche Kraft der Gegenwart erfährst.
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