Männer und Wut
- Simon Reuter
- 20. Apr.
- 4 Min. Lesezeit

Als Mann ist der Umgang mit der eigenen Wut eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg zu einem erwachten und erwachsenen Individuum. Viele Männer werden gelenkt ihrer Wut, auf offene oder verdeckte Art und Weise. Wut hat viele Facetten, es ist eine autonome Reaktion das vegetativen Nervensystems. Sie führt zur Anspannung und Stress im Körper, zu einem Gefühl von Enge und Einengung. Das tiefe Nervensystem hat eine eigene Sprache, hier bedeutet Wut: „die Welt ist gefährlich und nicht kontrollierbar, und ich muss mich verteidigen“. „Ich stehe alleine da und kann niemanden vertrauen“. Die Logik ist einfach: Angriff oder Flucht, Attacke oder Verteidigung.
In der Tiefe sind wir als Menschen recht simpel gestrickt, unser Organismus kümmert sich primär um unser Überleben.
Neugeborene und Kinder sind der Welt schutz- und hilflos ausgeliefert. Wie sich das tiefe Nervensystem formt, ist die Folge einer erlebten Ko-Regulation mit der Welt, die uns empfängt. Häufig sind dies die Eltern, es können aber auch andere primären Bezugspersonen sein.
Wenn du dich zurückerinnerst, hatten deine Eltern ein gesunden Umgang mit Wut?
Wie hat dein Vater, wie deine Mutter diese Emotion ausgedrückt und gelebt?
Wie wurden Konflikte geführt, in diesen die Grenzen geachtet, wenn Wut, Ärger oder gar Aggression mit im Spiel war?
Die frühen Erfahrungen in der Herkunftsfamilie und mit Autoritätspersonen prägen, wie sich dein Nervensystem in der Tiefe strukturiert. Sie prägen dein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit in der Welt, zudem das Ausmaß von Vertrauen in die Mitmenschen.
Wer als Kind der Wut Erwachsener ausgeliefert ist, dessen Nervensystem wird mit Ohnmacht und Hilflosigkeit auf die Aggression anderer reagieren. Fast jeder Mensch berichtet von solchen kleinen oder großen erlebten Grenzüberschritten in der eigenen Biographie. An manche kann man sich erinnern, and andere nicht.
Die Vergangenheit war nicht immer gerecht, Wunden in der Biografie sind der Ausdruck dieser erlebten Ungerechtigkeit. Misstrauen und Selbstwertprobleme die Folge, ebenso ein dysreguliertes Nervensystem, dass entweder zu viel oder gar nichts fühlt. Für Männer wird ein schwieriger Umgang mit Wut in der Ahnenlinie vererbt, solange bis ein Individuum erwacht und sich anders entscheidet.
Das Problem ist: Es gibt wenige gesunde Vorbilder im Umgang mit Wut, es gibt wenig gesellschaftliche Erlaubnis , dieses starke Gefühl zu zeigen. In welchen Räumen kann die starke Energie dieser Emotion wirklich genutzt werden, um alte Wunden zu heilen und dein inneres Feuer zu entfachen?
Mit Emotionen ist es so: Sie können uns lähmen oder beflügeln, Wut kann dich ausbrennen lassen oder das wilde Herz deiner Leidenschaft entfesseln. Ausbrennen geht so: Entweder wird Wut unterdrückt oder kontrolliert. Mentale Kontrolle und Hyperrationalität sind die Folge. Darunter liegen Ängste, kindliche Wunden oder Vorstellungen, dass bestimmte Emotionen nicht offen gezeigt werden dürfen, weil toxisch, gefährlich, etc. Dies ist der proaktive Weg. Viele Männer verhalten sich so, sie sind wutgehemmt. Die Wutenergie richtet sich so nach innen, gegen einen selbst. Sie staut sich auf, zeigt sich durch negative Gedanken, Stress, Schmerzen und alle möglichen Formen psychosomatischer Symptome. Es wird unangenehm im Körper, die Trennung zwischen Körper und Geist nimmt zu. Wenn du deine Wut unterdrückst, wirst du dich gefangen fühlen in der Realität deiner Gedanken. Der zweite Weg ist die Externalisierung der Wut und die Projektion des Konfliktes nach außen. Dies ist der reaktive Weg. Der Trigger ist in der Regel eine wahrgenommene Ungerechtigkeit, die bekämpft werden muss. Wut ist eine schnelle Emotion, man verliert die Kontrolle, bevor man nachdenken konnte. Jedem Mann passiert dies, Wut führt zu Impulsivität. Wenn du reaktiv bist, wirst du gelenkt von deinen Impulsen, du bist nicht mehr Herr der Situation, sondern ein Fähnchen im Wind. Auch hier brennst du aus. Die Energie geht verloren. Es braucht einen dritten Weg, der selten begangen wird. Es ist der Weg des erwachten Mannes. Dieser richtet Wut weder gegen sich selbst noch gegen andere. Er nutzt die Energie, um gesunde Grenzen zu setzen. Er ist bereit, die Wut zu spüren und mit ihr bei sich zu bleiben, um auf Basis des Ärgers mit anderen im Kontakt bleiben zu können. Der erwachte Mann erkennt in der Wut, dass er weder Opfer oder Täter ist, sondern der Kreateur seiner eigenen Realität. Er verlässt so das Drama seiner Trauma-Geschichte und bringt durch die Kraft seiner Wut seine Liebe in die Welt. Er lässt mit der Wut seinem unbändigen Willen freien Lauf und wird zum Kämpfer für Gerechtigkeit und Freiheit. So kreiert er aus seinen Wunden seine tiefen Aufträge. Wut ist das Portal für seine Mission. Die Wut wird zu seinem Verbündeten und führt ihn tief in seinen Körper, zu verkörperter Präsenz und Lebendigkeit.Der erwachte Mann hat die Kraft seiner Wut gemeistert und hält so die Präsenz, während er im Auge des Orkans steht. Er ist nicht mehr gegen etwas, sondern steht für etwas in der Welt. Er misstraut nicht, sondern gibt all seine Energie zurück in das kosmische Urvertrauen. Dieser Weg steht dir offen, wie jedem von uns. Er erfordert die Bereitschaft, wirklich an sich zu arbeiten und die Projektionen auf die Welt zurückzunehmen. Wenn du die Welt in dir bewegst, wirst du die Welt um dich bewegen. Dein Wille entscheidet. Wenn du dabei sein willst am 24.05. zum Workshop "Meistere deine Emotionen", melde dich gerne hier an!: https://www.eventbrite.com/e/wildsoul-tagesworkshop-tickets-1297764030149?aff=oddtdtcreator
Comments