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Multiple Persönlichkeiten & das Selbst



Wenn du das Wort „Ich“ verwendest, hast du dich einmal gefragt, wer da spricht und zu wem du Bezug nimmst? Erlebst du dich als eine Person, als eine Identität, als integriertes Selbst? Und falls nicht, wieviele sind da eigentlich in dir? Das Selbst lässt sich am besten durch das Aufstellen von inneren Hypothesen erfahren und beschreiben. Meditation heißt, wissenschaftliche Prinzipien zu internalisieren, so nach eigenen Wahrheiten und tiefen Erkenntnissen zu suchen. Die beste Grundhaltung dafür ist Offenheit, Bereitschaft und Neugierde. Hier meine Hypothesen: 1. Das Selbst ist nicht, wofür „man“ es für gewöhnlich hält. 2. Die Persönlichkeit ist Teil des kleinen Selbst, das relativ gesehen existiert, absolut gesehen aber nicht.

3. Die Persönlichkeit ist ein Mix aus authentischen Selbstanteilen, Genetik, sozialen Identitäten, Erfahrungen und Konditionierungen. 4. Die Persönlichkeit ist multipel und verschachtelt, besteht aus Sub-Persönlichkeiten, die mehr oder weniger assoziiert sind und miteinander kommunizieren.

5. Das Selbst ist so mehrdimensional, mehrschichtig & multipel, besteht aus absoluten & relativ existierenden Ebenen.

6. Das wahre/große Selbst ist erwachte Bewusstheitsenergie, verbunden und existiert nur in Relation zur Welt, jede wahrgenommene Form von Trennung ist die Isolation, die es zu überkommen gilt als Ausweg aus dem vermeidbaren Leiden.


Aus der neuropsychologischen Forschung wissen wir mittlerweile, dass es keinen Sitz des Bewusstseins im Gehirn gibt. Vielmehr handelt es sich um eine Sinfonie aus gemeinsam feuernden Nervenzellverbänden, ohne Dirigenten. Das „Ich“ ist somit eine Illussion, es gibt keinen Ort, wo es zu finden ist.

Deine Selbst-Bewusstheit ist somit sehr wahrscheinlich die Konsequenz sich gegenseitig aktivierender oder hemmender neuronaler Schaltkreise, die sich über die Lebensspanne ausgebildet haben. Zugleich sind wir Menschen oft von nichts mehr überzeugt als der Existenz der eigenen Persönlichkeit, nichts ist kränkender für das Ego als der eigene Tod. Und ja, relativ gesehen existiert die Persönlichkeit, aber nur dann, wenn sich das neuronale Netz aktiviert im gegenwärtigen Moment.

„What wires together, fires together“ lautet das Heb’sche Gesetzt. Neuronen vernetzen sich über Synapsen, so entsteht das Gefühl von Identität. Das Gehirn ist zudem plastisch, Nervenzellen vernetzen sich neu, werden über die gesamte Lebensspanne neu gebildet.

„Menschen müssen sich verändern, um sich selber treu zu sein“ dichtet der deutsche Liedermacher Konstantin Wecker, die Persönlichkeit verändert sich über die gesamte Lebensspanne, wir erschaffen uns in jedem Moment unserer wachen Bewusstheits-Existenz neu. Das heißt auch: deine Selbst-Bewusstheit ist abhängig von der aktivierten neuronalen Struktur, und von den gehemmten Strukturen. Es ist immer nur ein Teil deiner Nervenzellen aktiv, um dich vor permanenter Reizüberflutung zu schützen.

Analag dazu sind auch die meisten Sub-Persönlichkeiten die meiste Zeit gehemmt. Die extremsten Formen davon sind traumatische Selbstanteile, die aus dem normalen autobiographischen Gedächtnis verbannt wurden. Dissoziierte Sub-Persönlichkeiten bilden sich als Folge, die mit einem starken Wandel des Selbst-Gefühl einhergehen. Wir alle neigen zum dissoziieren, in abgeschwächter Form passiert das dir jeden Tag. Durch genauere Beobachtung wirst du feststellen, wie sie deine Sub-Persönlichkeiten im Lauf des Tages abwechseln, je nach Kontext, beteiligten Personen, sozialer Rolle, aktivierter Emotion oder Gedächtnisinhalt. Das ist normal & wichtig, Dissoziation ist kein größeres Problem, wenn gleichzeitig Assoziation stattfindet. Je besser die Sub-Persönlichkeiten miteinander kommunizieren und vernetzt sind, umso synchroner funktioniert das Gehirn, die innere Sinfonie klingt harmonisch und wohltemperiert. 


Alte Wunden (Traumata) und biographische, gesellschaftliche & familiäre Altlasen führen zu Störungen in der inneren Synchronisation. Sub-Persönlichkeiten werden ins Unterbewusste verdrängt, ihre Aktivierung gehemmt und dir Auseinandersetzung mit Ihnen vermieden. Diese inneren Teile werden Exilanten genannt. Sie fühlen sich ungeliebt, einsam und isoliert. Das Erleben von Trauer, Wut, Schuld, Angst oder Scham ist in der Regel ein Wegweiser, dass sich einer dieser Anteile aktiviert hat. 


Protektoren, dazu zählen Ego-Manager und Feuerwehrleute versuchen mit aller Kraft, die Aktivierung der Exilanten zu verhindern. Da sie befürchten, dass niemand zu Hilfe kommt und heilt. Sie haben die Existenz des wahren Selbst vergessen. Ego-Manager neigen zum Kontrollieren, Rationalisieren, Intellektualiiseren, Ablenken, Vermeiden und Externalisieren. Sie versuchen, das innere System durch ein endloses „weiter so“ zusammen- und am Laufen zu halten. Feuerwehrleute aktivieren sich zusätzlich in Krisen und bei starken Triggern, wenn Exilanten auszubrechen drohen. Sie neigen zu dysfunktionalen Bewältigungsmustern wie Konflikten, impulsiven Verhaltensweisen, Selbstschädigung bis hin zu Suizidalität. Alles letztlich als wohlgemeinten Schutz, die eigentliche Geschichte der Persönlichkeit ist es, die eigene Verletzlichkeit zu schützen, auf Basis von Hilf- und Hoffnungslosigkeit. Darunter liegt der Wunsch, geliebt, voll angenommen und so geheilt zu werden. Heilung heißt, dass das Selbst alle inneren Anteile integriert und von den Altlasten und Traumatisierungen befreit. Daher ist Heilung immer Selbstheilung. Wenn Jesus sprach, dass Gott alle seine Kinder liebt, meinte er damit wohl das. Nur das Selbst kann das Familienoberhaupt sein, dass alle inneren Anteile zurück holt nach Hause. Die Liebe des Selbst muss dafür genau an jene Orte fließen, wo der Wunsch am Größten ist, und zugleich der Widerstand am stärksten. Selbstheilung und Selbstliebe sind Synonyme. Ein Upgrade der eigenen Bewusstheit ist dafür notwendig. Innere und äußere Verbundenheit kann nur entstehen, wenn das kleine Selbst seine illusionäre Trennung aufgibt, und sich so heilen lässt. Dafür muss es gewürdigt und anerkannt werden, es erfordert Mut & Risiko, mehr zu lieben und sich mehr lieben zu lassen.

Aber welchen Weg sollen wir sonst gehen? „Der wahre Beruf des Menschen ist, zu sich selbst zu kommen“ schrieb Hermann Hesse. Ich schließe diesen Text mit einer weiteren Zeile von Konstantin Wecker, aus dem selben Stück: „Eines fügt sich doch zum anderen, nichts besteht für sich allein, Flüsse die getrennt mäandern, leiben sich dem Meere ein“.


Der nächste Intensivtag The Art of Living, bei dem du mühelose Achtsamkeit und innere Teile-Arbeit direkt erfahren kannst, findet am Samstag, den 22.06. statt.


Erfahre hier mehr zum Kurs.


Herzliche Grüße


Simon

 
 
 

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