Über den Unterschied von Spirit und Seele
- Simon Reuter
- 8. Sept.
- 3 Min. Lesezeit

Über den Unterschied von Spirit und Seele
Dieser Artikel ist teil 3 einer 4-teiligen Serie zu archetypischer Psychologie. Er befasst sich Differenzierung von seelischen und spirituellen Prozessen. Der Weg der Seele und der spirituelle Weg stimmen nur manchmal überein. Die fehlende Differenzierung dieser beiden Wege sorgt für die weit verbreitete Verwirrung zwischen Psychotherapie und spirituellen Disziplinen. Was ist der Unterschied? Man sagt, die Seele geht zu Fuß. Sie ist langsam, unsere innere Welt der Vorstellungskraft, der Leidenschaft, der Fantasie, der Reflexion. Seele ist weder physisch und materiell auf der einen Seite noch spirituell und abstrakt auf der anderen Seite ist, sondern mit beiden verbunden. Die Seele wird mit Spirit gleichgesetzt, weil wir Materialisten sind und weil wir in einer christlichen Kultur leben, die seit jahrtausenden seelischen Prozessen fälschlicherweise den Namen Spirit gegeben hat. Aus einer tantrischen Perspektive haben die Bilder der Seele feminine Konnotationen (anima), während die Welt des Spirit sich mit maskulinen Worten beschreiben lässt. Es ist die Welt des Lichts, des Feuers, des Windes, des Samens. Spirit bewegt sich schnell, er belebt alles, was er berührt. Seine Richtung ist vertikal, aufsteigend, pfeilgerade, messerscharf, phallisch. Spirit ist das männliche, aktive Prinzip, das Formen, Ordnung und klare Unterscheidungen schafft. Aus einer mythologischen Perspektive folgt Spirit dem apollinischen Archetyp, durch Sublimierungen höherer und abstrakter Disziplinen, unter Einsatz des intellektuellen Verstandes, der verfeinert und von Unklarheit reinigt. Wann Seele und Spirit interagieren: In Momenten intellektueller Konzentration oder transzendentaler Meditation dringt die Seele mit natürlichen Trieben, Erinnerungen, Fantasien und Ängsten ein.
Die Gefahr liegt darin, dieses Eindringen als Störung zu sehen und die wichtige Bedeutung seelischer Prozesse zu verkennen. In Zeiten neuer psychologischer Einsichten oder Erfahrungen extrahiert Spirit schnell eine Bedeutung, will sie in die Tat umsetzen und sie zu Regeln konzeptualisieren, während die Seele im Bereich der Erfahrung bleibt und der Reflexion innerhalb der Erfahrung. Sie bewegt sich indirekt in zirkulären Argumentationen.
In simpleren Worten: Spirit ist schnell, Seele ist langsam. Spirit bewegt sich vertikal, die Seele horizontal. Spirit sucht die Transzendenz, Seele sucht Beziehungen. Spirit möchte vereinfachen, Seele will sich ausbreiten.
Die Seele ist verletzlich und leidet, sie ist passiv und erinnert sich. Sie ist Wasser für das Feuer des Spirit, wie eine Meerjungfrau, die den heroischen Geist in die Tiefen der Leidenschaften lockt, um seine Gewissheiten auszulöschen. Die Seele ist Vorstellungskraft, Verwirrung und Reichtum, während Spirit das höhere Ideal wählt und danach strebt, alles zu vereinen. Spirit blickt nach oben, schafft Abstand. Spirit strebt nach dem Ultimativen und bewegt sich auf dem Weg der via negativa (nicht dies, nicht das), die Seele antwortet: „Ja, auch dies hat seinen Platz, man kann die archetypische Bedeutung jeder Erfahrung finden, alles gehört in einen Mythos“. Das Kochgefäß der Seele nimmt alles auf, alles kann zur Seele werden, und indem alle Ereignisse in die Vorstellung aufgenommen werden, wächst der psychische Raum. Aus der Perspektive des Spirit muss die Seele diszipliniert werden, ihre Wünsche gezügelt, ihre Vorstellungskraft geleert, ihre Träume vergessen, ihre Verstrickungen ausgetrocknet. Denn die Seele, sagt Spirit, kann weder Wahrheit noch Gesetz noch Ursache erkennen. Die Seele ist Fantasie, reine Fantasie. Die tausend Pathologisierungen, denen die Seele aufgrund ihrer natürlichen Bindungen an die zehntausend Dinge des Lebens in der Welt unterliegt, sollen geheilt werden, indem die Seele zu einer Nachahmung des Spirit gemacht wird. Das Bild Christi war der klassische Weg, heute gibt es andere Vorbilder, Gurus aus Indien, die versuchen, die Seele auf einen spirituellen Weg zu bringen, der angeblich zur Befreiung von Pathologien führt. Die Zeit der Gurus ist vorbei. Entwicklung benötigt seelische und spirituelle Prozesse, die Vereinigung von maskulinen und femininen Prinzipien. Das Leben ist aufsteigend und absteigend, horizontal und vertikal, komplex und simpel, widersprüchlich und eindeutig. Es gibt keine ultimativen Lösungen, sondern nur temporäre Wahrheiten, die sich aus tiefen Bildern, spirituellen Einsichten und einer lebendigen Beziehung zur äußeren und inneren Realität speisen. Falls du dich für Anima Solis, unsere Tempelprojekte für Seelen-Initiation und spirituelles Wachstum interessierst, kannst du dich gerne hier: https://www.simonreuter.com/animasolis und hier: https://www.eventbrite.de/e/anima-solis-community-tempel-tickets-1486863020319 vertieft informieren. Ich danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast, diesn Artikel zu lesen!
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