Wie die Seele erwacht
- Simon Reuter
- 19. Sept.
- 5 Min. Lesezeit

Wie die Seele erwacht
Erwachen ist ein interessantes Wort, bedingt durch seinen Gegenpartner, den Schlaf.
Was heißt es, wenn die Seele schläft?
Was bedeutet es für dich?
Lebst du in einem Traum, bist du wirklich hier?
Willkommen zu Teil 4 der Serie zu Seele, Archetypen und Mythologie.
Gehen wir zunächst einen Schritt zurück zu einer Verortung.
Diese Serie von Artikeln basiert auf der Idee, dass wir als Menschen nicht primär unser ego-identifizierten Persönlichkeiten sind, sondern dahinter (im Schattenreich des Unterbewussten) tiefere Strukturen unseres Selbst verborgen liegen.
In einem Zustand des Tief-Schlafs, nur darauf wartend, geweckt und erforscht zu werden.
Wir leben in einem Zustand des Dualismus, der Gegensatzpaare, Konflikte und Polaritäten erschafft.
Dualismus heißt, dass es für jeden positiven Pol einen negativen Gegenpol im Unterbewusstsein gibt.
Um dies an einem Beispiel greifbar zu machen: Wenn das Ego in seinem Ich-Ideal mutig sein möchte, unterdrückt es zugleich den Teil von sich, der sich feige fühlt.
Dieser Anteil wird ins Unterbewusste verschoben und somit Teil der Seelenlandschaft.
Die Seelenlandschaft umfasst alle inneren Potentiale, mit denen sich das Ego nicht identifizieren will, im „positiven“ wie im „negativen“.
Wer sich im bewussten „Ich“ für künstlerisch unbegabt hält, trägt sein künstlerisches Talent als goldenen Schatten in der Tiefe.
Als junger Mensch besteht für jeden von uns die Notwendigkeit, eine Persönlichkeit zu formen, um in der Welt handeln zu können und „überlebensfähig“ zu sein.
Das ist kein Problem, sondern wichtig um in der Welt handlungsfähig zu sein , nur macht dieses Ego sich selbst zum Problem und zum Feind, indem es eine Idee davon entwickelt, wie es sein sollte, z.B. liebenswert, friedfertig, klug, charmant, lustig, unkompliziert, friedfertig.
Das Ich erschafft ein Ich-Ideal, und kreiert zugleich einen energetischen Gegenpol im Unterbewussten. Dieses Ich-Ideal ist selten bis manchmal, aber in der Regel nie vollständig erreichbar. Aus diesem Gegensatz beginnt das Ego an sich zu zweifeln, es entwickelt Komplexe, die bis hin zur Selbst- und Fremdpathologisierung reichen können.
Pathologisierung heißt, dass man einen Mangel an sich identifziert („zu ängstlich“, „minderwertig“, „depressiv“, „dumm“) und somit Ideen davon entwickelt, was an einem nicht stimmt und verändert werden muss. Auch das ist grundsätzlich kein Problem, sondern ein normaler und nicht zu verhindernder Mechanismus. Nun kommt hier eine entscheidende Differenzierung: Das Ego pathologisiert, um ein Problem zu lösen und perfekt zu werden. Die Seele pathologisiert, um innere Gegensätze und Polaritäten zu vereinen und sich so vollständig fühlen. Das Prinzip des Egos ist das Eliminieren von Schwächen, das Prinzip der Seele ist Ganzheit. Die Seele will alls fühlen, vereinen und so den Weg zurück nach Hause finden zum Selbst, unserer nondualen Natur. Nondual heißt soviel wie nicht-zwei, es ist der Zustand, in dem wir in Kontakt kommen mit unserer mystischen Essenz, wie eine Sonne, deren Licht absorbiert wird von der Gravitation eines schwarzen Lochs. Im Selbst sind wir weder Subjekt, noch Objekt, wir sind. Es ist der Zustand absoluter Leere oder absoluter Fülle. Die Seele erwacht, um sich diesem Zustand sukzessive über die Lebenszeit anzunähern. Die griechische Mythologie sagt, dass die tiefste Quelle unserer Existenz, des eigenen Schattenreichs der Ort ist, zu dem am Ende alle Seelen zurückkehren. Es ist das Reich von Hades, dem Herren der Unterwelt, indem die Psyche (synonym für Seele) in Kontakt kommt mit Thanatos, der Allgegenwart von Tod und Vergänglichkeit. All unserer Ziele, Wünsche, Träume sowie die Ängste, Sorgen und Zweifel als Gegenpol erscheinen in unserem Bewusstsein auf der Tatsache, dass wir sterblich sind, dass unsere Zeit begrenzt ist. Unsere Existenz entsteht in diesem Spannungsfeld, zwischen Leben und Tod, diesem kurzen Lichtstreif am Horizont, den wir haben. Memento mori ist das Prinzip der Seele, die Erinnerung an die eigene Vergänglichkeit. Es ist einer der Hauptmechanismus auf der Reise zu Ganzheit. Das Ego hat umgekeht vor nichts mehr Angst als dem eigenen Tod, der Erkenntnis, dass es nur relativ, aber nicht absolut gesehen existiert. Hier liegt die Befreiung, im richtigen Mix aus sich „ernst“ und „nicht ernst“ nehmen. In der inneren Schattenarbeit können jene Widersprüche und Ambivalenzen in die Ego-Strukturen integriert werden, die bisher abgespalten, verdrängt oder unterdrückt wurden. Es ist jetzt möglich, zugleich „klug“ und „dumm“, „mutig“ und „feige“, „talentiert“ und „unbegabt“, "feminin" und "maskulin", usw. zu sein. Zugleich können im Schattenreich Begegnungen stattfinden mit archetypischen Strukturen des kollektiven Unbewussten. Dies sind transpersonale Erfahrungen, in denen die Seele ihre Kraft aus kollektiven Mustern der Psyche speist. Für die Seele sind wir ein Organismus, wir das Myzell von einem Pilz, bei dem die Fruchtkörper die einzelnen Persönlichkeiten bilden. In diesem Bild entsteht unsere wahre Individualiät aus der Verbundenheit, das Ego wird so unterstützt von den tiefen, kollektiven Bildern und Fantasien der Seele. Mehr Vollkommenheit heißt, auf diesen inneren seelischen Reichtum zugreifen zu können. Das Selbst wird sich nie vollständig bewusst, aber es kann mehr Zugriff finden auf das kreative Potenzial, das im Schattenreich nur darauf wartet, zu erwachen und gelebt zu werden. Das Ego wird sich zunächst gegen diesen Prozess wehren und Widerstand leisten, da es die Kontrolle behalten möchte. Es kann sich aber durch Wachstumserfahrungen allmählich entspannen, und sich bewusst für Imperfektion und dadurch mehr Freiheit und Flexibilität entscheiden. Der Triebmotor hierfür ist Liebe. Nur durch Liebe kann wahre Individualität entstehen, da Liebe personalisiert. Liebe stellt den tiefsten Bezug her zu sich selbst und der Welt. Liebe kann die Paradoxien und Gegensätze des Lebens zusammenhalten, auch wenn dies schmerzt. Liebe kann vereinen, was vorher untrennbar erschien, und Liebe kann auch in den dunkelsten Stunden dafür sorgen, dass das tiefe Feuer der Seele nicht erlischt. Liebe ist die Abkehr vom Zynismus und Pessimismus des Egos, es ist der Katalysator auf der Reise zu einem seelenzentrierten Leben, in dem es der Persönlichkeit einen Ort zum stehen gibt in einer zuvor oft indifferenten und kalten Welt. Wenn die Seele durch Liebe erwacht, entsteht Bedeutung und ein tieferes Verständnis für das komplexe Netz aus wechselseitigen Abhängigkeiten, in dem wir uns bewegen. Durch Liebe können wir das Licht der Projektionen auf die Welt zu uns zurückfließen lassen und den eignen Schatten beleuchten: Was bekämpfst du noch in dir? Und willst du perfekt sein oder dich vollständig mit dir fühlen? Dies ist leichter gesagt als getan, die Seele erwacht langsam, durch beständige Arbeit und durch die Unterstützung von immer gesünderen Ego-Strukturen. Deine Persönlichkeit kann helfen, in dem sie den Willen und den Glauben entwickelt, dass du wesentlich mehr bist als das „kleine Ich“ deines Egos und so die Zuversicht entwickeln, dass inneres Wachstum wirklich möglich ist. Für jeden von uns ist dieses Wachstum möglich. Wir brauchen dafür Leid und Schmerz, und wir brauchen Liebe und Unterstützung. Wir brauchen den Willen, uns auf neue Erfahrungen einzulassen und bei aufkommenden Widerständen nicht aufzugeben. Wir brauchen den Glauben an die Seele, an das innere Reich der Archetypen und an unsere nonduale Essenz. Wir brauchen das richtige Wissen und neue Ideen darüber, wer wir sind und was wir sein könnten. Und wir brauchen die Akzeptanz, dass die Person, die unser Ego sein will, nie existieren wird. Der Weg zu Vollkommenheit endet nie, und zugleich sind wir jetzt schon hier. Und wir sind jetzt schon „gut genug“, und das bedingungslos. Anima Solis ist der Ort, an dem deine Seele erwachen kann, mehr Infos zu unserem Projekt findest du hier: https://www.simonreuter.com/animasolis Ich danke dir für das Lesen dieses Artikels und die Bereitschaft, deine innere Arbeit zu machen. Viel Liebe Simon
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