Ein Guide für deine erste Tempelerfahrung
- Simon Reuter
- 21. Okt.
- 6 Min. Lesezeit

Lieber Mensch, wenn du diesen Artikel liest, stehst du wahrscheinlich gerade an einer Schwelle, vor einer Entscheidung. „Soll ich oder soll ich nicht?“ „Gehe ich das Risiko ein?“ „Ist es sicher?“ „Kann ich dem Raum und den Leitern vertrauen?“ „Was passiert, wenn ich eine schlechte Erfahrung habe?“ Das alles sind legitime Fragen, vielleicht kennst du manche von ihnen. Und um ehrlich zu sein: Ja, es ist ein Risiko, an einem Tempel teilzunehmen. Sonst würdest du es ja nicht machen, oder? Vielleicht kannst du diesen Teil in dir spüren, der sich nach dem Unbekannten sehnt. Jene Teile in dir, die sich von den Geistern der Vergangenheit befreien möchten, die mehr leben möchten, die sich schamfrei fühlen möchten in ihrem Körper, mit ihrer Sexualität. Und es gibt ein reales Risiko. Die Welt ist nicht sicher, andere Menschen sind eventuell nicht sicher. Niemand kann gewährleisten, dass sich eine negative Erfahrung nicht wiederholt. Tempel sind nicht zu 100 % sicher, das können, sollen und dürfen sie auch nicht sein, da es immer ein gesundes Maß von Unsicherheit für neue, heilende und transformierende Erfahrungen braucht. Es geht nicht ohne Risiko. Das Risiko findet sich in deiner Intention, deinen inneren Sehnsüchten, Wünschen und Begierden. Das Risiko, mehr zu leben. Tempel sind in dem Sinne sicherere Orte als man sie gewöhnlich findet. Wir versuchen durch Übungen zu Consent, Grenzen, deinem „Ja“ und deinem „Nein“ diese Sicherheit zu gewähren. Zudem kreieren wir eine aktive Gruppendynamik, in der Menschen nicht nur die Verantwortung für sich, sondern auch für andere und den gemeinsamen Tempel-Raum übernehmen. Zuletzt behalten wir uns immer vor, einzelne Teilnehmer aus dem Tempel auszuschließen, falls wir unangemessene Verhaltensweisen beobachten und wir erlauben uns, bewusst und dosiert Feedback zu geben. Um dir vorab etwas Orientierung zu verschaffen, möchten wir hier einige Fragen beantworten, um dir eine Tempel-Landkarte zu bieten, auf deren Grundlage du entscheiden kannst, ob eine Tempel-Erfahrung etwas für dich sein kann. Die Antworten sind so kann wie möglich und so ausführlich wie nötig formuliert. 1. Was ist ein Tempel? Tempel sind heilige Orte, die die materiellen und immateriellen Aspekte des Lebens, das helle und das dunkle, das feminine und das maskuline in uns vereinen wollen. Es geht essentiell um deinen eigenen Tempel und dein Gefühl von Ganzheit und Vollkommenheit. In unseren Tempeln darf alles heilig sein, daher arbeiten wir primär mit unseren Körpern und wir inkludieren Sexualität. Tempel haben das Ziel, die Trennung von unseren animalischen Instinkten, unseren sexuellen Bedürfnissen und unseren kindlichen Wunden zu überwinden und wir kreieren ein Feld, dass alle Aspekte deines Wesens einlädt und so die Möglichkeit besteht, dass du dich von alten Identitäten und Glaubenssätzen lösen kannst. 2. Wie ist ein Tempel aufgebaut? Tempel sind intime Räume, die sich von viel Strukturierung durch die Leiter hin zu weniger Struktur bewegen. Intimität hat aus unserer Sicht mehrere Stufen, die aufeinander aufbauen. Die Basis von intimer Begegnung ist Sicherheit und innere Stabilität. Daher hat die erste Phase eines Tempels immer das Ziel, im eigenen Körper anzukommen, sich zu erden und in Einern Zustand verkörperter Präsenz zu kommen. In dieser Phase finden noch keine Interaktionen mit anderen Teilnehmer*innen statt. Die zweite Stufe von Intimität ist Kommunikation. Wir arbeiten mit Sprache und verbalem sowie nonverbalem Ausdruck. Dies meint neben Worten auch den freien Ausdruck des animalischen Körpers. Die dritte Stufe von Intimität ist Berührung auf Basis gesunder Grenzen. Dies meint die Arbeit mit Consent und den Aufbau von Vertrauen in die eigene innere Führung sowie das klare Kommunizieren gesunder Grenzen bei einem gleichzeitigen Gefühl von hinreichend Vertrauen, dass diese Grenzen vom Gegenüber respektiert und mit Dankbarkeit empfangen werden. Die letzte Stufe von Intimität ist Eros und die Arbeit mit sexueller Energie. Dies kann eine individuelle Reise mit sich selbst sein oder es können hier intime Begegnungen mit anderen Teilnehmer*innen stattfinden. Alle dieser Schritte sind optional. Im Tempel muss nichts passieren und du wirst zu keiner Übung/Erfahrung gezwungen. Wir unterstützen dein Empowerment und das Vertrauen in die Stimmen aus deinem Körper. Wir vertrauen, dass du deine Schattenarbeit machen wirst und die Trigger, die zwangsläufig im Tempel auftreten, für deinen Wachstumsprozess nutzen wirst. 3. Was passiert, wenn ich im Tempel Unterstützung brauche? Neben und als Leitung gibt es in jedem Tempel ein Team von Helfern, die für emotionale Unterstützung präsent sind. Du wirst ermutigt, dir proaktiv Hilfe zu holen. Gleichzeitig scannen wir das Feld und wir werden dich ansprechen, falls wir den Eindruck haben, dass dein Nervensystem klare Anzeichen für einen Zustand starker Dysregulation liefert. 4. Was ist die „richtige“ Vorbereitung auf einen Tempel? Zentral ist das bewusste Setzen einer Intention. Intentionen haben einen starken Einfluss auf dein Verhalten im Tempel und die Art und Weise, wie du das Geschehen interpretieren und verarbeiten wirst. die Leitfrage ist: „Was möchtest du für dich erfahren?“ Dies kann zum Beispiel sein, zu explorieren, wie du dein inneres „Ja“ und dein inneres „Nein“ klarer spüren und kommunizieren kannst. Starke Intentionen befreien von Erwartungen und schützen vor Enttäuschung. Je klarer deine Intentionen sind, umso mehr wirst du die Erfahrung bekommen, die du brauchst. Das wird nicht unbedingt die Erfahrung sein, die du willst, aber sie wird mit hoher Sicherheit wichtig und gesund für deinen Wachstumsprozess sein. Aus meiner Sicht ist ein zentrales Ziel im Leben zu lernen, sich selbst auf die richtige Art und Weise ernst und nicht ernst zu nehmen. Eine gute Vorbereitung und Haltung für den Tempel ist die richtige Mischung aus Humor, Lockerheit sowie Fokus und der Bereitschaft zu innerer Arbeit. 5. Was soll ich zu einem Tempel mitbringen? Wir senden dir vorab eine Mail zu, in der du alle relevanten Informationen findest. Wichtig ist im Bezug auf Kleidung, dass es kein richtig oder falsch gibt. Du entscheidest, worin du dich wohlfühlst und du entscheidest, wie angezogen oder nackt du sein willst. 6. Spielt meine sexuelle Orientierung und meine Gender-Identität eine Rolle? Nein, das is zumindest unsere Haltung. Und wir wissen, dass wir blinde Flecken haben. Daher laden wir besonders die Queer-Community ein, unsere Tempel mit ihrer Präsenz zu bereichern und uns die Möglichkeit zu geben, voneinander zu lernen. 7. Was ist ein „Open Space“? Der Open Space findet am Abend des Tempels statt. Hier ist das Feld für die freie Exploration geöffnet. Jeder „Open Space“ hat ein eigenes Thema, die Offenheit ist abhängig davon vom Typ des Tempels, an dem du teilnimmst. Wir unterscheiden 3 Level von Tempeln: Level-1-Tempel: Sind nicht penetrative Tempel. Das heißt, dass es keine sexuell penetrativen Handlungen zwischen den Teilnehmer*innen gibt, auch keinen energetischen Sex. Zudem ist eine Regel, dass die Unterwäsche anbehalten wird. Diese Tempel sind offen für alle Interessierten. Level-2-Tempel:Sind Tempel mit einem Open Space, der an ausgewählten Orten sexuell penetrative Interaktionen erlaubt. Wir achten darauf, dass diese Orte klar eingehalten werden und so die anderen Teilnehmer*innen in ihren intimen Prozessen nicht gestört werden. Die Level-2-Tempel stehen potentiell jedem zur Teilnahme offen, wir überprüfen vorab aber die Antworten im Fragebogen und schließen Teilnehmer*innen aus, falls sie den Fragebogen nicht beantworten oder wir starke Bedenken nach dem Auswerten der Antworten haben. Im Zweifel werden wir bei Unsicherheiten auf dich zukommen und vorab um ein kurzes Gespräch bitten. Level-3-Tempel: Sind fortgeschrittene Tempel. Für diese kannst du nicht direkt ein Ticket kaufen, sondern musst dich vorab bewerben. Level-3-Tempel bewegen sich vor allem in einem transpersonalen, archetypischen Feld, es gibt wenig Struktur und wir gehen davon aus, dass Teilnehmer*innen sich sicher durch Tempel-Räume begegnen können. Es gibt keine Consent-Übungen und die Stationen im Open-Space werden weniger eindeutig von uns definiert. 8. Ist ein Tempel geeignet für „jeden“? Definitiv nein. Wir sind kein Ersatz für Psychotherapie und andere Heilverfahren. Tempel setzen ein gewisses Maß an emotionaler Stabilität voraus und der Fähigkeit, sich als integriertes Wesen mit eigenen Grenzen zu fühlen. Solltest du starke, ungelöste Traumata in dir tragen, ist ein Tempel nicht der richtige Ort für dich. 9. Was kann ich machen, wenn ich im Tempel eine schwierige Erfahrung hatte? Manchmal wird einem dies erst nach dem Tempel bewusst. Wir bieten dir die Möglichkeit, ein Integrationsgespräch mit einem der Leiter zu buchen. Auch hier laden wir ein, dass du proaktiv Kontakt suchst. Wir sind hier, um dich in deinen Prozessen zu unterstützen. Solltest du noch weitere Fragen haben, fühl dich frei, uns vorab zu kontaktieren. Was uns antreibt, Tempel zu machen ist der Wunsch, Menschen auf ihrer eigenen Reise zu mehr Liebe und mehr Freiheit zu begleiten und unseren Beitrag zu leisten, dass wir schamfrei zu allem stehen können, was wir sind. Wir freuen uns, dich in deinem unserer Tempel begrüßen zu dürfen! Simon & Jelka
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